Stadt oder Land: Wo lebt es sich besser?
Die letzten zwei Jahre haben das Leben in Deutschland nachhaltig verändert. Die Menschen haben pandemiebedingt viel mehr Zeit zu Hause verbracht. Zwangsläufig musste sich fast jeder mit seiner aktuellen Wohnsituation beschäftigen. Und nicht wenige stellen sich seither die Frage, wo sie eigentlich lieber wohnen möchten: Auf dem Land oder in der Stadt?

Kurzer Überblick
- Alles Einstellungssache: So leben die Deutschen.
- Vorzüge des urbanen Wohnens: Warum zieht es Menschen in die Stadt?
- Mythos Landflucht: 10 gute Gründe für ein Leben auf dem Land.
- Vom Aufstieg und Comeback der Vororte und Randbezirke, aber die Medaille hat immer zwei Seiten.
Stadt oder Land? Kommt darauf an.
Um es gleich vorweg zu nehmen: Stadt oder Land ist keine Frage von richtig oder falsch. Es ist eine Frage der persönlichen Einstellung. Was ist Ihnen wichtig bei Ihrer Wohnsituation? Welche Pläne und Ziele haben Sie jetzt und in Zukunft? Und nicht zuletzt ist es natürlich auch eine Thema der finanziellen Möglichkeiten. Denn Stadt oder Land ist oft auch die Entscheidung zwischen Miete oder Eigentum.
So leben die Deutschen
Zahlen, Daten, Fakten für Stadt und Land
- 77 % der Deutschen wohnen derzeit in Städten oder Ballungsräumen
- 15 % wohnen in Dörfern mit weniger als 5.000 Einwohnern
- 44 % aller Deutschen würden gern auf dem Land leben
- es gibt 79 Großstädte in Deutschland, darunter
- 4 Millionenstädte (Berlin (3,5 Mio), Hamburg (1,7 Mio), München (1,4 Mio) und Köln (1,05 Mio)
- gerade mal neun Einwohner hat die kleinste Gemeinde in Deutschland (Hallig Gröde)
Quelle: ZDF - Die große Deutschlandstudie 2018
Trend zum Leben in Klein- und Mittelstädten
Das Leben in der Stadt begann mit dem Zeitalter der Industrialisierung und hat bis heute seinen Reiz nicht verloren. Dabei zieht es die Menschen aber nicht nur in die Millionenmetropolen wie Berlin, Hamburg oder München. Gerade klein- und mittelgroße Städte erfreuen sich großer Beliebtheit. Das spürt man am deutlichsten in Städten in unmittelbarer Nähe zu Metropolen oder Ballungsgebieten.
Und was macht den Speckgürtel so attraktiv?
Hohe Mieten waren schon immer ein Treiber für Bevölkerungsbewegungen. Da Wohnraum in Städten sowohl zur Miete als auch zum Kauf immer teurer wird, suchen die Menschen nach Alternativen - ohne dabei auf die Vorzüge des urbanen Lebens verzichten zu müssen. Genau darin punkten Vorstädte und Randgebiete. Sie verbinden das Beste aus Stadt- und Landleben und sind damit attraktiv für Menschen in allen Lebensphasen. Aber was genau ist denn eigentlich wichtig bei der Entscheidung für Stadt oder Land?
Die Vorteile des Stadtlebens
Wenn man die Vorzüge des Lebens in der Stadt aufzählt, werden gleichermaßen die Nachteile des Landlebens deutlich. Der alles entscheidende Faktor ist Infrastruktur. Dazu gehört nicht nur ein gut durchdachtes Verkehrsnetz, der Breitbandausbau und ausreichend Arbeitsplätze. Die Provinz wird attraktiv, wenn kommunalpolitische Entscheider es schaffen, die urbanen Vorteile so gut wie möglich auch in kleineren Gemeinden zu etablieren. Besonders kommt es dabei auf diese Bedürfnisse an:
- Es geht ohne Auto
Ein mehr oder weniger gut ausgebauter Personen-Nahverkehr macht das Auto entbehrlich. Das ist gut für die Umwelt, spart Kosten und Nerven, die Autofahrer im Stau oder bei der Parkplatzsuche lassen. Kommunen, die zunehmend Radfahrer als Zielgruppe berücksichtigen, gewinnen zusätzlich an Attraktivität. - Einkaufen fast immer und überall
Ok, unter Coronabedingungen ist shoppen anstrengender geworden, dennoch ist ein vielfältiges Einkaufsangebot wichtig und gut für das Leben in ländlichen Gebieten. Bummeln, Schaufenster gucken, probieren und vergleichen geht beim Online-Shoppen nicht oder nur bedingt. Die Grundversorgung mit Nahrungsmitteln, Hygienebedarf und Medikamenten ist auch in ländlichen Gebieten unabdingbar. - Genügend Ärzte und Kliniken
Eine ausreichend medizinische Versorgung ist ebenso ein wichtiger Aspekt, nicht nur mit zunehmendem Alter. Eine zweite Meinung, kurzfristig Termine beim Facharzt oder freie Wahl der Klinik – auf dem Dorf in manchen Regionen unmöglich. Auch Pflegedienste, therapeutische Einrichtungen oder alternativmedizinische Angebote sind im ländlichen Raum genauso gefragt wie in der Stadt. - Vielfalt an Kultur- und Freizeitangeboten
Das Angebot für Kultur und Freizeit ist in Städten ungleich größer als auf dem Land. Theater, Kino, Konzerte, Sportveranstaltungen, Bars, Restaurants – inzwischen ist einiges wieder möglich und gerade die Erfahrungen aus den Lockdowns haben gezeigt, wie groß das Bedürfnis der Menschen danach ist. - Breites Bildungsangebot, Betreuung für Kinder
Ein gutes, vielfältiges Betreuungsangebot, auch für unter 3-jährige Kinder, ist auf dem Dorf nicht selbstverständlich, zumindest in Teilen West- und Süddeutschlands. Auch bei Schulen, insbesondere bei weiterführenden Schulen, gibt es in Städten mehr Auswahl und Möglichkeiten. Kurze Schul- und Arbeitswege entlasten Familien zusätzlich. - Breites Jobangebot
Viele Arbeitgeber, auch innerhalb einer Branche, machen einen Jobwechsel oder überhaupt die Perspektive darauf in der Stadt einfacher. Wer nicht immer sofort umziehen oder zwischen Orten pendeln möchte, hat in Städten deutlich mehr Möglichkeiten, sich zu verändern.
Landleben ist vor allem ein Lebensgefühl
Das Leben auf dem Land ist vor allem geprägt von einem gewissen Lebensgefühl. Am deutlichsten wird das vielleicht an folgendem Beispiel: Während die gesamte Verlagsbranche seit Jahren unter sinkenden Verkaufszahlen ächzt, verzeichnet ein Magazin kontinuierlich Zuwächse. Die Landlust* gehört zu den Zeitschriften mit den höchsten Auflagen in Deutschland, zum Teil mit über einer Million verkaufter Exemplare. Damit liegt nicht nur Gunnar – einer unserer Bauherren aus unserer aktuellen Interview-Serie - voll im Trend. Es gibt triftige Gründe für das gute Lebensgefühl und die Sehnsucht nach dem Leben auf dem Land.
Mythos Landflucht: 10 (gute) Gründe für ein Leben auf dem Land
- Immobilien auf dem Land sind günstiger als in der Stadt
Sowohl Mieten als auch Wohneigentum ist auf dem Land meistens günstiger. Dabei gibt es natürlich regional große Unterschiede. Dennoch kann man sagen: Je ländlicher es wird, desto günstiger werden Häuser und Wohnungen. Die Kehrseite dieser Medaille sind höhere Kosten aufgrund fehlender Infrastruktur. Von der Kita über den Supermarkt bis hin zur Bus- und Internetverbindung ist das ländliche Angebot meist schlanker und erfordert mehr Aufwand.
- Mehr Platz dank größerer Grundstücke auf dem Land
Platz ist ein mitentscheidender Vorteil, gerade für Familien. Jeder hat sein eigenes Zimmer, der Garten lädt zum Spielen ein und die Erwachsenen können bequem im Homeoffice arbeiten. Tatsächlich sind die Erfahrungen aus dem Homeoffice für viele Menschen der Treiber schlechthin, um über eine Vergrößerung ihrer aktuellen Wohnfläche nachzudenken. In der Stadt oft kaum bezahlbar, auf dem Land eine durchaus realistische Perspektive.
- Das Landleben punktet mit der Nähe zur Natur
Wald, Felder, Badeseen - um dorthin zu gelangen brauchen Dorfbewohner meistens kein Auto, ganz im Gegensatz zu Großstädtern. Letztere haben vor allem zu Pandemiezeiten oft erst entdeckt, wie schön es kurz hinter der Stadtgrenze ist und was es in der unmittelbaren Nähe in der Natur alles zu entdecken gibt. Auch die Jahreszeiten erlebt man auf dem Dorf viel intensiver und das nicht nur, weil der Räumdienst auf dem Dorf im Winter keine Selbstverständlichkeit ist.
- Die Uhren ticken anders auf dem Dorf
„In 20 Minuten fährt der nächste Bus.“ Städter bekommen da schon mal Schnappatmung und suchen hektisch auf ihrem Smartphone nach alternativen Verbindungen oder rufen gleich ein Taxi. Auf dem Dorf ist man froh, dass vormittags überhaupt noch zwei Abfahrten angeboten werden und ist gespannt, wer aus dem Dorf und umliegenden Orten gleich noch zusteigt.
- Man kennt sich auf dem Dorf
Wer auf dem Dorf groß wird, kennt oft ganze Familien und Stammbäume anderer. „Man kennt sich halt“, weiß, wen man um Hilfe fragen kann und vertraut sich mehr. Sachen verleihen, die Schlüssel (oder Kinder) mal kurz beim Nachbarn abgeben – auf dem Land funktioniert das oft noch sehr gut.
- Orte der Kindheit, Erinnerungen an eine schöne Dorfjugend
Zum Glück bleibt die Zeit in vielen Dörfern nicht ganz stehen, aber Veränderungen gehen definitiv langsamer voran. Das grundsätzliche Dorfbild mit wesentlichen Bestandteilen, wie dem Weg zum Wald, zur Kirche, zum Kindergarten oder sogar das eigene Elternhaus, bleibt oft über Generationen bestehen. Beständigkeit in einer immer hektischeren Welt tut vielen Menschen gut.
- Kein Stau, keine Parkplatzprobleme, keine Knöllchen
Zugegeben, ohne Auto geht auf dem Land nichts. Wer Job und Familie unter einen Hut bringen will, braucht manchmal sogar zwei PKW. Dafür ist Autofahren auf dem Land um Längen entspannter. Staumeldungen kennen Landeier oft nur aus dem Radio. Parkplatzprobleme und Knöllchen sind ebenfalls eher Ausnahmen und sollte doch mal eine unvorhergesehene Umleitung erforderlich sein, kennt man in der Regel mindestens eine Abkürzung (auch ohne Hinweisschilder).
- Das Landleben ist ruhiger als das Stadtleben
Hier wollen wir offen sprechen. Die Autorin ist selbst auf dem Land groß geworden und weiß aus eigener Erfahrung: Das ist Ansichtssache. Wer krähende Hähne am Morgen, ratternde Erntemaschinen bis in die Nacht, bellende Hunde ganztägig und Nachbarn, die sich per Hupen grüßen, wenn sie am Haus des Anderen vorbeifahren, nicht störend findet, lebt auf dem Land ruhig. Ansonsten ist es wohl eher die völlig andere Geräuschkulisse im Vergleich zur Stadt, die die vielbesagte Ruhe auf dem Land beschreibt.
- Das Landleben ist gesünder
Studien zeigen: Das Landleben ist gesund. Laut einer Untersuchung des Robert-Koch-Instituts leiden Großstädter häufiger unter Asthma, Heuschnupfen, Neurodermitis oder Nahrungsmittelallergien. Die Anzahl der Menschen, die unter diesen Krankheiten leiden, steigt mit der Einwohnerzahl des Wohnortes. Auch psychische Erkrankungen sind in der Stadt verbreiteter. Experten machen erhöhten Stress, Lärm und die Umweltbelastungen verantwortlich dafür.
- Auf dem Land lebt es sich - statistisch gesehen - sicherer
Auch wenn es auf dem Dorf nicht immer ganz einfach ist, nachts und ohne Auto nach Hause zu kommen, ist es unter Umständen sicherer. Die Kriminalitätsrate einer Gemeinde steigt mit der Bevölkerungsdichte. Laut Statistiken liegt das Verhältnis bei rund eins zu drei, was Straftaten im ländlichen Raum im Vergleich zu Großstädten angeht. Trotzdem würden wir immer dazu raten, das Auto und die Türen abzuschließen, denn Gelegenheit…
* Quelle: Statista
Stadtflucht in die Provinz: Die Medaille hat immer zwei Seiten
Gerade für Familien klingt es verlockend: Das Haus im Grünen, mit Garten, bezahlbar kurz hinter der Stadtgrenze. Suburbanisierung – der Aufstieg des Stadtrandes hat aber auch eine zweite Seite.
Als optimaler Kompromiss zwischen den Annehmlichkeiten von Stadt und Land steigen auch in den Vororten langsam die Immobilienpreise. Wer auf Schnäppchensuche beim Hauskauf ist, muss oft schon 50 km und mehr als Pendlerstrecke einplanen. Damit entstehen neue Herausforderungen wie Fahrtkosten, Zeitverlust und Umweltbelastungen durch erhöhtes Verkehrsaufkommen. Der Trend zum „Homeoffice“ hat hier neue Perspektiven eröffnet, allerdings ist dafür eine stabile Netzabdeckung mit entsprechender Datengeschwindigkeit gerade in ländlichen Regionen eine Grundvoraussetzung.
Dazu kommt, dass durch die Abwanderung ins Umland die Innenstädte zunehmend vereinsamen. Wesentliche Gewerbe-Steuereinnahmen wandern mit, ebenso Arbeitsplätze. Flächen und Wohnraum bleiben ungenutzt und führen zu Leerständen in der Stadt. Wir sich das Verhältnis zwischen Land und Stadt in Zukunft entwickelt, lässt sich schwer vorhersehen. Menschen bewegen sich immer in Strömen, statt jedoch irgendeinem Trend zu folgen, empfehlen wir auf Ihr Herz zu hören.
Wo leben Sie? Fühlen Sie sich wohler in der Stadt oder auf dem Land?
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